Kinderfalle Internet: Alles, was Eltern von Kids im Netz wissen müssen
Shownotes
Wie sorge ich für ein kindersicheres Handy und kindgerechte Internetnutzung? Welche Chancen und Gefahren muss ich meinem Kind beim gemeinsamen Einstieg in die digitale Welt bewusst machen? Mit welchen Tricks arbeiten Online-Spiele, Fake-Shops und Deepfakes? Wie kann ich mein Kind vor Cybermobbing, Cybergrooming und Hass im Netz schützen? Ein neuer Elternratgeber beantwortet mit wertvollen Informationen und hilfreichen Empfehlungen renommierter Fachleute alle wichtigen Fragen in Sachen Kinderschutz im Internet. Herausgeber Dr. Armin Kaltenegger, leitender KFV-Jurist, liefert erste Einblicke in das umfassende neue Nachschlagewerk.
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Felix: Mama, ich will allein surfen. Ich schau mir eh nur ein paar YouTube Videos an.
Felix‘ Mama: Felix, du bist erst 13. Du bist vor dem Gesetz noch ein Kind.
Felix: Aber in Wirklichkeit schon fast erwachsen. Mama, wach auf im dritten Jahrtausend!
Christian Kräutler: Ma Sabine, der Dialog, der kommt mir irgendwie wirklich bekannt vor. Ich glaube, hab da ein richtiges Flashback.
Sabine Kaulich: Ma Christian, ja. Endlose Diskussionen waren das.
Christian Kräutler: Ja, und die Internetwelle, die dreht sich ja mittlerweile noch schneller. Ich sehe immer wieder schon, dass Kleinkinder surfen, die mit dem Handy der Mama dasitzen und dann wirklich Videos schauen.
Sabine Kaulich: Ja, nur hoffentlich die richtigen Videos, also kindgerechte Inhalte.
Christian Kräutler: Ja, das kannst du also wirklich hoffen, aber ist das nicht alles völlig verrückt?
Sabine Kaulich: Ja, verrückt wirklich.
Christian Kräutler: Eine Realität, in der man als Mutter oder als Vater oder sicher vielleicht eben auch als Lehrkraft Unterstützung braucht.
Sabine Kaulich: Und deshalb widmen wir uns heute diesem brisanten Thema kindgerechte Internetnutzung.
Christian Kräutler: Ja genau Sabine, in unserem heutigen Podcast, in unserer heutigen Folge dreht sich alles um das Thema Kindersicherheit im Internet und wir haben einen kompetenten Gast bei uns im Studio, den Herrn Dr. Armin Kaltenegger. Er ist Leiter der KFV Fachbereiche Eigentumsschutz sowie Recht und Normen und er ist Herausgeber eines neuen Fachbuches mit dem Titel „Kinderfalle Internet – alles, was Eltern wissen müssen“.
Sabine Kaulich: Ja, und wir werden über einige wichtige Inhalte dieses neuen Elternratgebers sprechen. Zum Beispiel, wie sorge ich für ein kindersicherkonfiguriertes Handy? Oder wie bringe ich meinem Kind Medienkompetenz und sicherheitsbewusste Internetnutzung bei? Und wie kann ich mein Kind bei seinem Einstieg ins digitale Leben begleiten?
Christian Kräutler: Ja, und es geht um so Themen wie Internetsuchtverhalten, Kind- und Cybermobbing, Onlinebetrug und ganz vieles, vieles mehr. Richtig und wichtig, die Klärung all dieser Fragen, also bleiben Sie dran.
Catharina Ballan: Sicher ist sicher, der Vordenker*innen Podcast des KFV. Episode 33: Kinderfalle Internet - Alles, was Eltern von Kids im Netz wissen müssen.
Sabine Kaulich: Liebes KFV Podcastpublikum, herzlich willkommen bei unserer Novemberfolge von Sicher ist sicher.
Christian Kräutler: Bei uns im Studio begrüßen wir unseren KFV-Kollegen Dr. Armin Kaltenegger. Lieber Armin, herzlich willkommen.
Armin Kaltenegger: Schönen guten Tag! Freut mich, wieder mal hier zu sein bei euch.
Christian Kräutler: Armin, du bist schon 1997 als junger Jurist in der KFV-Abteilung, Rechtsabteilung, nämlich genau genommen, angekommen. Seit damals ist ja doch schon viel Wasser die Donau hinuntergeflossen. Es gibt viele Neuerungen, nicht nur in gesetzlicher Natur, sondern auch unzählige technische, aber auch technologische, Innovationen. Vor allem aber natürlich in der virtuellen Welt. Du hast quasi im KFV die Geburt des Internets ja erlebt.
Armin Kaltenegger: Ja, wenn ich da so zurückdenke, die ersten Mails zwischen Kollegen, das war wirklich was Spannendes. Es war total unübersichtlich, der Mailbrowser und komplett unpraktisch. Die Handys waren riesengroß, der Desktop, Laptop gab es ja nicht, war Standard und war ein Riesenkasten, völlig unbequem, hat das halbe Zimmer verstellt. Nicht jeder in der Firma konnte Internet nutzen, das war was ganz Spezielles. Erste Cybergefahren gab es, die waren völlig primitiv und durchschaubar, das war der Millionär, der dir geschrieben hat, oder der Scheich oder sonst was. Das hat jeder gewusst, das geht jetzt nicht. Und dann ging's weiter, dann plötzlich kam er weg von unserer Festplatte zu Cloud-Servern oder eigenen Servern in der Firma, dann kamen die ersten Kontakte, Social Media, Facebook war da sehr früh, heute gibt es viel mehr. Und letztlich, jetzt sind wir irgendwo angelangt, wo die KI beginnt, das Kommando zu übernehmen. Also wirklich eine spannende Entwicklung.
Sabine Kaulich: Armin, du bist ja selber Vater von zwei Söhnen und kennst das Thema Kinder- und Internetnutzung also auch aus familiärer Perspektive. Deine Söhne sind jetzt schon erwachsen, aber wenn du jetzt einmal so zehn Jahre zurückdenkst. Da war das Thema Internetnutzung und die einhergehenden Gefahren ja auch schon präsent. Vielleicht nicht so präsent wie heute, aber was habt ihr denn da für innerfamiliäre Diskussionen gehabt?
Armin Kaltenegger: Ja, bei dem Alter meiner Söhne, nämlich 34 und 21, muss ich mehr zurückdenken, das schaffe ich aber. Es hat sich kaum geändert. Die digitale Welt war damals wie heute: immer reizvoll, aber auch gleichzeitig undurchsichtig. Das war früher nicht leichter. Es gibt jetzt mehr Möglichkeiten, aber es gibt jetzt auch teilweise mehr Möglichkeiten Transparenz zu erhalten. Ja, und es war immer das Gleiche, man muss sich einerseits mit Neugier, andererseits mit Vorsicht nähern. Und das habe ich auch mit meinen Söhnen gemacht. Ich habe sie immer wieder inspiriert, Digitales zu verstehen und aber das Digitale auch gleich zu entzaubern. Wie funktioniert denn das und warum geht das und warum war das jetzt so schnell und warum ist das ein Problem? Das muss man sich wirklich nur anschauen. Mit dem Ergebnis, dass der große Sohn Physiker und Internetexperte geworden ist und der Zweite Start-ups in der digitalen Welt macht, also scheinbar gelungen, diese Einführung.
Christian Kräutler: Also du bist da in einem guten Umfeld und du hast ja jetzt ein neues Buch herausgegeben, nämlich einen Elternratgeber mit dem Titel „Kinderfalle Internet – alles, was Eltern wissen müssen“, also das, was du selbst erfahren hast und viel mehr noch eigentlich, ist in diesem Buch drinnen. Es sind nämlich 23 Fachbeiträge renommierter Expertinnen und Experten aus dem Bereich Kinder,- und Jugendschutz sowie eben aus dem Bereich Internet, Sicherheit und, eben, IT enthalten. Ich habe mir das angeschaut. Extrem spannende Beiträge muss ich wirklich sagen. Die lesen sie teilweise wie ein Krimi dann auch. Nur leider ist das Ganze ja nicht Fiktion, sondern das hat alles einen realen Hintergrund. Was ist denn eigentlich so das Ziel dieses Ratgebers und warum beschäftigt sich eine Firma wie das KFV überhaupt mit dem Thema Internetsicherheit?
Armin Kaltenegger: Ja, das ist eine sehr gute und grundsätzliche Frage. Ich hole da etwas aus, denn es gibt so etwas wie Kinderrechte, die sind auf UN-Ebene festgeschrieben und eines dieser Kinderrechte ist das Recht auf Bildung. Und das Recht auf Bildung beinhaltet das Recht, nicht die Pflicht oder die Möglichkeit oder sonst was, sondern das Recht auf einen digitalen Zugang. Man überlege sich nur, wenn man keinen digitalen Zugang hat, wie mache ich meine Amtswege, wie bilde ich mich weiter, wie informiere ich, wie kontaktiere ich Freunde. Das ist ganz wichtig, die digitale Welt ist Voraussetzung für eine zeitgemäße Entfaltung und Bildung und für den späteren werdenden Erfolg. Deswegen ein elementares Recht der Kinder. Deshalb ist es keine Frage. Kinder müssen sich in der digitalen Welt zurechtfinden und frühzeitig, aber behutsam, eingeführt werden.
Sabine Kaulich: Armin, was hat dich eigentlich konkret zu diesem Buchprojekt inspiriert und motiviert? Wann und wie ist denn eigentlich die Idee zu dem Buch entstanden?
Armin Kaltenegger: Ja, das waren einfach gehäufte Anfragen bei uns im Kuratorium, in unseren Inboxen, bei unseren Veranstaltungen und wirklich ausschlaggebend war dann ein Kongress, ein großer Kongress, den wir hatten zum Thema Kindersicherheit in allen Varianten. Da sind wir dezidiert darauf angesprochen worden, so etwas fehlt, wäre doch schön, wenn es so etwas gäbe. Und nach diesem Kongress, also das war wirklich wie von einer Sekunde auf die andere, man hat gewusst, wir werden dieses Buchprojekt durchziehen.
Christian Kräutler: Von einer Sekunde auf die andere gibt es jetzt eben auch dieses Buch. Es hat wahrscheinlich ein bisschen länger gedauert als eine Sekunde. Für mich ist es bisschen spannend auch, welche Themen sind denn eigentlich in diesem Buch enthalten? Und ich würde dich jetzt einfach wirklich bitten, es sind ja unglaublich viele Dinge drin, vielleicht kann man das bisschen clustern und sagen, um was geht es da in dem Buch.
Armin Kaltenegger: Gerne. Es gibt auf der einen Seite konkrete Anleitungen zu ganz konkreten Dingen, wo ich mich hinsetzen kann, ich muss überhaupt nicht das ganze Buch lesen, ich lese nur das Kapitel und mache das.
Christian Kräutler: Da ist mal sehr cool.
Armin Kaltenegger: Und zwar, wie richte ich ein Profil in sozialen Medien ein für mein Kind? Da muss man wirklich aufpassen. Es nicht machen ist keine Option. Wir können die Kinder nicht fernhalten davon. Wir müssen es einfach richtig machen. Oder wie mache ich das erste Handy kindersicher? Wie erkenne ich gefährliche Elemente in Onlinespielen? Kann ich wirklich, mit dem Buch geh ich rein und schau: Gibt es dort sowas? Oder wie erstatte ich eine Anzeige nach einem Cyberdelikt, wenn es schon zu spät ist? Das ist die eine Seite, konkrete Anleitungen und dann gibt es natürlich Überblicke zu Themen, wo wir mehr wissen wollen. Aber auch die sind kurz und bündig und knapp erklärt. Zum Thema Datenschutz, da gibt es nur drei, vier Sachen zu sagen, wenn ich die weiß, weiß ich 99,9 Prozent. Welche klassischen Fallen gibt es in Internet-Shops? Welche Möglichkeiten zur sinnvollen Nutzung für Lernen und Bildung gibt es? Was sind Internet Challenges oder was ist Cyber-Grooming? Ich höre so viel und ich möchte aber Bescheid wissen darüber, dass ich das als Gefahr überhaupt einordnen kann. Oder wie kann ich mich grundsätzlich vor Cybermobbing schützen?
Christian Kräutler: Das Buch hätte ich ganz gerne schon früher gehabt. Ja gut, meine Kinder sind jetzt auch schon größer, lieben natürlich auch das Internet und bis jetzt ist es ganz gut gegangen. Ich hoffe, es wird auch weiterhin so funktionieren.
Sabine Kaulich: Armin sag, wie schaut es mit dem Alterslimit für Kinder aus, wenn sie in diese Social-Media-Welt eintauchen? Wie zum Beispiel WhatsApp, Instagram, TikTok etc. Also das war so eine Frage, die ich mir immer gestellt habe, weil meine Kinder sind heimgekommen und haben gesagt, alle Kinder haben WhatsApp. Da habe ich mir überlegt, das sinnvoll ist, soll ich das schon zulassen? Das würde mich wirklich sehr interessieren, ob das an einem Alter festgesetzt ist oder kommt das auf die Reife meines Kindes an? Wie siehst du das?
Armin Kaltenegger: Ja, es ist leider komplexer. Wir können nicht sagen, wie es beim Autofahren oft ist. Hier darf ich 30 fahren und nicht 33. Hier muss ich vieles beachten. Zum einen, was für eine Art von soziales Medium habe ich gerade? Ist das ein reiner Nachrichtendienst, wo ich vielleicht gar keine Fotos verschicken kann? Ist das etwas, wo es primär um Videos und Bilder geht? Und was ist die Community dort? Alleine das schon muss ich beachten. Dann rein juristisch und rechtlich. Was sind denn die Bedingungen, die der Treiber des sozialen Mediums vorgibt? Die sind natürlich zu beachten, aber die können vielleicht sehr nieder angesiedelt sein, ich bin nicht zufrieden ja. Und deshalb kommen wir zum Dritten: die Entwicklung meines eigenen Kindes und auch die bisherige Interneterfahrung. Wenn wir schon ganz viel zusammen gemacht haben, dann wird ein früherer Einstieg möglich sein in komplexere soziale Medien, wo sich wirklich viel tut. Ich kann ja das auch beobachten. Wie verhält er sich? Welchen sechsten Sinn hat er schon entwickelt? Wo höre ich auf, wo nicht? Was ist gut und was ist schlecht? Also da ist Fingerspitzengefühl gefragt. Es gibt leider keine kompetente, sofortige Antwort, die sagt: mit dem Alter.
Sabine Kaulich: Danke. Du, Armin, noch eine Frage, und zwar zum Thema Internetsucht. Da liefert euer neues Buch ja auch wirklich ein wertvolles Know-how dazu, aber was mich jetzt interessieren würde, wann spricht man von Sucht? Ja und wie viel Spielchenzeit ist denn eigentlich normal und wann spricht man von Sucht? Und sind wir nicht eigentlich schon alle süchtig, weil wir verlassen kaum das Haus ohne das Handy und schauen da wirklich regelmäßig drauf. Wie schaut es da aus?
Armin Kaltenegger: Ja, Suchtverhalten ist ein wirklich essenzielles Thema. In dem Buch kommt das an mehreren Stellen vor, aber es gibt auch ein zentrales Kapitel, wo ich mir anschauen kann, was sind die ersten Anzeichen und was kann man dagegen präventiv oder, wenn es schon etwas weiter fortgeschritten ist, was kann man dagegen tun? Wir unterscheiden ja Verschiedenste. Das kann Kaufsucht sein, das kann Spielsucht sein, das kann soziale Mediensucht sein. Das müssen wir wirklich differenziert betrachten. Wir müssen natürlich auch Sucht von einer gewissen Vorliebe unterscheiden und auch eine Vorliebe kann ich etwas übertreiben. Da ist noch nicht von Sucht die Rede. Von Sucht wird in der Regel dann gesprochen werden, wenn ich beginne wichtige Teile meines sonstigen Lebens, soziales Leben, auch Rechte und Pflichten, Schule, Beruf, zu vernachlässigen. Dann sind wir in einem echten Suchtverhalten drinnen.
Sabine Kaulich: Du sagst ja immer wieder, oder das liest man in dem Buch, dass man immer wieder den Kindern auch sozusagen viele tolle Erlebnisse in der Realität schaffen soll, damit man sie sozusagen wegbringt auch von diesem Medium. Was ist denn da dein Ansatz?
Armin Kaltenegger: Ich habe das bei meinen Söhnen auch gemacht. Die habe ich bewusst in die digitale Welt gebracht. Da habe ich oft Spiele vorgeschlagen, die wir dann gemacht haben online und gleichzeitig diese Kontrapunkte gesetzt im realen Leben. Das war ziemlich stark Sport und Bewegung. Ich habe viele Sportangebote gemacht und habe das auch mit ihnen gemacht, war mit ihnen wandern und habe attraktive Ziele vorgegeben wie Burgen, Höhlen oder Aussichtstürme. Das sind alles Dinge, die kommen in den virtuellen Welten auch vor. Ziemlich cool. Und ich habe dann begonnen in manchen Wanderungen die Spiele einzubauen. Da kam der Mario bei der Wanderung vor und wir mussten das suchen und das, also das kann man durchaus verbinden und das ist eigentlich immer angenommen worden. Immer ein Thema war: alternativ zur Online-Welt, Brettspiele. Total beliebt bis heute. Meine Söhne spielen heute Rollenspiele, DnD wer es kennt, da sitzt man zusammen, da ist gar nichts digital, also das kann man auch parallel dazu machen. Und viele der Spiele, wir kennen alle, DKT, ich darf das hier sagen, das ist keine Werbung, das gibt es in einer Onlineversion und in einer Hybridversion. Das ist auch lustig, also ich kann so Dinge machen, ich kann die reale Welt ziemlich gut verknüpfen mit der digitalen Welt. Und dann bin ich in beiden und aus keinem komplett heraus.
Christian Kräutler: Aber prinzipiell glaube ich, ebenso handyfreie Zeiten, so Digital Detox zwischendurch eine ganz gute Idee, oder?
Armin Kaltenegger: Ja, sollte man vereinbaren und mal schauen, wie das funktioniert und wie es angenommen wird. Ich würde da auch auf die Kinder achten und sagen, was ist denn euer Vorschlag für einen kleinen Rückzug aus dem Ganzen? Kommen sicher tolle Vorschläge.
Christian Kräutler: Ein Thema, das ich bei dir im Ratgeber drinnen gefunden habe, ist das Thema Hass im Netz und das Thema Mobbing. Ganz ein wichtiges, großes Thema, man hört es überall. Die Kinder berichten davon. Kannst du uns da drüber ein bisschen etwas erzählen, bitte?
Armin Kaltenegger: Ja, da geht es wirklich um ganz grausame Phänomene und wir sind jetzt wirklich schon in einem Bereich sehr großer Kriminalität. Bei Cybermobbing zum Beispiel, da gibt es ja gleich drei Rollen, die ein Kind einnehmen kann. Als Opfer, als Beobachter, der das mitbekommt und da ist auch die Frage, wie verhalte ich mich dann? Melde ich? Nicht? Helf ich wem? Mach ich mit vielleicht gar? Und das wäre das Dritte. Und man wird so vielleicht sogar zum Mittäter. Das kann durchaus anfänglich unbewusst geschehen. Das ist natürlich etwas komplizierter geworden. Mobbing, dass Menschen ausgegrenzt wurden, das gibt es seit tausenden von Jahren. Nun geht das aber weiter, wenn man sich von dem Ort entfernt hat, wo das passiert ist. Die digitale Welt, die holt uns überall ein. 24/7 ist es jetzt eigentlich möglich, jemanden nachzustellen. Dadurch hat das natürlich eine andere Dimension erlangt, aber auch für die Eltern die Möglichkeit, es möglicherweise besser zu beobachten. Die sind ja nicht überall physisch mit dabei. Also immer auch die Chancen sehen, die das Digitale bietet, gleichzeitig mit den Gefahren.
Sabine Kaulich: Stimmt, finde ich extrem spannend und wichtig, aber das Miteinanderreden kann ja viele Probleme aus der Welt räumen, oder schon im Keim ersticken, deswegen muss man immer einfach im Gespräch bleiben mit den eigenen Kindern. Sag Armin, das Wort „Cyber-Grooming“, das ist ja ganz ein ganz heikles Thema und kommt in eurem Buch ja an mehreren Stellen vor. Worum geht es denn da genau?
Armin Kaltenegger: Ja, also Cyber-Grooming, da sind wir jetzt wirklich bei den ekelhaftesten Formen der Kriminalität im Internet. Das ist sexuelle Belästigung oder sexualisierte Gewalt gegenüber Kindern in allen Formen. Von Andeutungen, bis bildhaften Darstellungen, bis rein physischen Begegnungen. Also ein ganz, ganz großer Bereich und ein ganz gefährlicher Bereich. Ein Bereich, wo ich jedenfalls präventiv arbeiten muss, weil da kann ich nicht sagen, na ja, wenn es mal passiert ist, versuchen wir es aufzuarbeiten. Dann kann es schon wirklich zu spät sein. Das ist ganz wichtig. Präventiv tätig werden. Ich muss wissen. Wie kommt es zu diesen Online- und später womöglich auch Offline-Verbrechen? Was sind da die ersten Anzeichen? Wie pirschen sich Täter, meist unter dem Deckmantel von Fake-Identitäten und alles gut gemacht ja, wie pirschen sich die an? Und was sind die ersten Anzeichen? Was sind die ersten Indikatoren? Die muss ich wissen und die muss ich mit meinem Kind besprechen und es darauf vorbereiten. Und Grundregeln erstellen, das ist, glaube ich, ganz wichtig. Diesen Tipp geben wir auch im Buch weiter, das kann man dort nachlesen, aber was wären die in sozialen Medien? Niemals Fotos an Unbekannte Versenden, niemals online Geheimnisse oder persönliche Daten preisgeben, keine echte Treffen, ohne Absprache der Eltern. Es kann sie schon geben, weil es treffen sich ja wirklich Buben und gehen Fußball spielen. Das geht ja, aber besser mit Absprache der Eltern, also keine Tabus setzen, sondern sinnvolle zweckmäßige Regeln geben und Exit-Strategien geben. Was tun, wenn ich mir nicht sicher bin oder wenn vielleicht schon ein bisschen was passiert ist, wenn ich vielleicht schon was falsch gemacht habe? Da braucht es unbedingt die Möglichkeit, du kannst kommen, wir kommen raus. Wir kommen aus allem raus. Diese Sicherheit muss das Kind haben.
Sabine Kaulich: Das heißt, es ist wichtig, dass man mit, wie du sagst, präventiv, man muss mit den Kindern, die Kinder schon vorher aufklären, bevor irgend so etwas passiert ist, also man muss über diese Gefahr, dass so etwas passieren kann, aufklären.
Armin Kaltenegger: Es ist einfach ein Unterschied, ob ich vielleicht im Internet etwas bestellt habe, um 22,90 also das ich dann nie bekomme, oder ob es hier zu einer sexualisierten Gewalt kommt. Es sind wirklich Dimensionen dazwischen.
Christian Kräutler: Und eigentlich weiß ich ja nie, wer am anderen Ende der Leitung in Wirklichkeit ist. Und zu diesem Thema Fake Identität, Fake Shops, Deepfakes und andere Arten von Onlinebetrug möchte ich noch ganz gerne mit dir reden. Diese mittels KI immer raffinierter gestalteten Internetfallen, die sind ja bei dir im Buch auch thematisiert. Wie sehr sind denn da eigentlich schon Kinder oder Jugendliche von diesem Phänomen tatsächlich als Opfer auch betroffen?
Armin Kaltenegger: Ja, die sind sogar sehr betroffen, weil diese Dinge wie Fishing oder Abofallen in Onlinespielen und dergleichen, die sind ja dort, wo wir eigentlich sagen, dort kannst du was machen. Du sollst spielen, kauf dir ein Buch, kauf dir Bekleidung, also die sind ja im erlaubten Bereich und die dringen dort ein. Es handelt sich dabei aber in der Regel um versuchte Straftaten, die man eigentlich ziemlich konkret und leicht entlarven kann. Das heißt, dem kann man sehr strukturiert begegnen. Es gibt immer Anzeichen für Phishing-Mails, also solche, die mir Daten wegnehmen wollen und dann vielleicht meinen Account übernehmen wollen. Es gibt Charakteristika für Fake-Shops. Das kann ich mit den Kindern einfach durchspielen. Ich gehe mit ihm auf einen Shop, den ich vielleicht entdeckt habe, unabhängig von meinem Kind und zeige ihm den und sage, das ist ein Fake-Shop und du sagst mir jetzt warum. Das ist richtig spannend für die Kinder. Die bemühen sich dann und sind stolz darauf, wenn sie es finden. Und das nächste Mal zeigen sie dir Einen, den du vielleicht nicht erkannt hättest. Das ist richtig toll und da macht man sich zum Teil dieser Lernstrategie. Und es gibt genauso leicht benennbare Erkennungsmerkmale für gefälschte Bilder und gefälschte Videos. Das kann man alles einstudieren.
Sabine Kaulich: Ja, Wahnsinn, also da gibt es viele Fallen im Internet, die über den Elternbescheid wissen sollten. Ja und all das kann man also in dem neuen Elternratgeber „Kinderfalle, Internet - alles, was Eltern wissen müssen“ ganz konkret und übersichtlich nachlesen.
Armin Kaltenegger: Ja das geht wirklich, also das ist jetzt nicht nur Werbung. Es ist leichter, als man denkt. Und das Buch ist wie ein kleiner Schwindelzettel. Wenn man was nicht weiß und bitte man darf was nicht wissen. Ja. Ich habe so viel gelernt, wie ich das Buch gemacht habe. Es ist wie ein Schwindelzettel. Man liest im Kapitel, das einen gerade interessiert, einfach nach und kann das eins zu eins innerhalb einer Minute umsetzen.
Christian Kräutler: Ja, sehr coole Sache und natürlich superwichtig, dein Schwindelzettel, weil der ganz einfach hilft eine Leitlinie für Eltern und für alle, die mit Kindern beim Aufwachsen betraut sind, drinnen sind. Armin, wir kommen jetzt schon ins Finish unseres heutigen Podcasts. Hast du noch so ein BestOf an Praxistipps für uns, also ein paar so allgemeingültige Verhaltensrichtlinien, die dir ganz besonders wichtig sind. So quasi als Schlussbotschaft heute.
Armin Kaltenegger: Ja, zwei Themen würde ich da gerne ansprechen. Das eine ist an Eltern gerichtet. An Eltern, die mit Begeisterung, und so soll es auch sein, das ist ja was Tolles, in sozialen Medien unterwegs sind. Auch Kinder haben Datenschutz. Das heißt, Bilder von Kindern darf ich eigentlich gar nicht ohne deren Einverständnis in soziale Medien reinstellen. Freilich werde ich von einem Zweijährigen kaum ein Einverständnis bekommen. Dann muss aber ich in seine Rolle schlüpfen und sagen, will ich, dass diese Fotos wirklich kommen, also ich in seiner Rolle, und dann wird es schon ein bisschen schaumgebremst das Ganze, also da wäre wahrscheinlich etwas mehr Zurückhaltung angebracht. Kinder haben Datenschutz und ich als Elternvertreter übe diesen Datenschutz aus. Das muss ich wirklich verantwortungsvoll machen. Und ganz zum Schluss vielleicht noch insgesamt ein Credo: Die digitale Welt, die ist ganz toll. Es bietet so viele Möglichkeiten. Sie schafft Entfaltungsmöglichkeiten beruflicher Natur, persönlicher Natur, sozialer Natur. Verbote haben gar keinen Sinn. Wir können ausschließlich sagen, ja, wir machen das, aber wir machen es auf die richtige Art und Weise. Ich will gar nicht sagen mit kleinen Einschränkungen, sondern mit gewissen Tricks manövriere ich mich durch, so wie ich ja auch in der Straßenbahn meine Geldtasche in der Regel so verwahre, dass sie mir nicht gestohlen wird. Ich muss ja immer ein wenig auf der Hut sein. Und auch das, aber ich käme nie auf die Idee nicht Straßenbahn zu fahren, weil ich gehört habe, es gibt Taschendiebe. Auch im Internet, also proaktiver Zugang, es ist wichtig für die Kinder, aber mit Bedacht.
Sabine Kaulich: Lieber Armin, vielen Dank für diese wirklich aufrüttelnden und bewusstseinsbildenden Tipps, die du uns heute mitgegeben hast. Wir glauben, dieses Thema wird in Zukunft wohl immer komplexer und herausfordernder werden. Und deshalb empfehlen wir eben auch diesen neuen Elternratgeber „Kinderfalle Internet – alles, was Eltern wissen müssen“.
Christian Kräutler: Das Buch ist auf jeden Fall ein Must-have für alle Eltern und Erziehungsberechtigten und auch eine wertvolle Unterstützung für Fachkräfte in Kindergärten und Schulen, also ich würde es allen empfehlen, dass man sich das vielleicht als Weihnachtsgeschenk anschafft. Mir, Armin, mir gefällt dein positiver Zugang, letztlich, zu dieser ganzen Thematik, die ist nicht von Angst bestimmt. Einfach auch deshalb, weil du weißt, wie man damit umgehen kann und dann hilft es mehr, als was eigentlich Angst auslöst. Eine Frage habe ich jetzt noch an dich, lieber Armin. Wo kriegt man denn eigentlich dieses Buch?
Armin Kaltenegger: Das Buch wurde im Verlag Edition Platin herausgegeben. Dort kann man es online bestellen. Und natürlich überall dort, wo man sonst Bücher bestellt. Ich nenne jetzt ein paar typische Quellen. Das kann Thalia sein, das kann Amazon sein. Dort ist das überall bereits gut gelistet, ganz schnell auffindbar. Man braucht nur eingeben „Kinderfalle Internet“, eventuell noch Kaltenegger dazu, weil ich der Herausgeber bin. Dann kann man es schon bestellen für genau zwanzig Euro.
Christian Kräutler: Und vielleicht gibt es das auch in der Buchhandlung um die Ecke. Einfach einmal nachschauen.
Sabine Kaulich: Lieber Armin, danke für deinen Besuch bei uns im Studio.
Armin Kaltenegger: Vielen Dank für die Einladung. War wirklich toll.
Christian Kräutler: Liebe Hörerinnen und Hörer, herzlichen Dank auch Ihnen fürs Dabeisein. In unserem nächsten Podcastgespräch im Dezember geht es dann um das spannende Thema Risikomanagement beim Sport. Unser Interviewpartner wird ein Extremsportler sein, der uns von seinem Freeriding Abenteuern berichten wird und von seiner persönlichen Einstellung zum Thema Sicherheit. Bis dahin alles Gute, bleiben Sie gesund, bleiben Sie informiert und interessiert. Auch und ganz besonders am digitalen Leben ihrer Sprösslinge.
Sabine Kaulich: Gutes Gelingen bei Begleiten ihrer Kinder auf sicheren Internetwegen und auch wenn es öfters mal zu Diskussionen kommt, bleiben sie cool, bleiben sie konsequent und bleiben sie immer im Gespräch. Bleiben sie sozusagen der Fels in der Brandung. Die Sicherheit der Kids ist diese Mühen allemal wert. Alles Liebe und bis bald bei Sicher ist sicher.
Catharina Ballan: Sie hörten Sabine Kaulich und Christian Kräutler, zwei erfahrene Präventionsfachleute des Kuratoriums für Verkehrssicherheit. Zu Gast im Studio war Dr. Armin Kaltenegger, Leiter der KFV Fachbereiche Eigentumsschutz sowie Recht und Normen. Mehr Infos zum Thema dieser KFV Podcastepisode und zu vielen weiteren wichtigen Sicherheitsthemen finden Sie auf unserer Website kfv.at. Alle KFV Podcastfolgen sind unter kfv.at/podcast abrufbar. Abonnieren Sie Sicher ist sicher auf Spotify, Apple und YouTube sowie auf allen gängigen Podcatcherplattformen und empfehlen Sie unseren Podcast weiter. Danke fürs Zuhören und bis zum nächsten Mal bei Sicher ist sicher, dem Vordenker*innen Podcast des KFV!
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