Happy Birthday, KFV! 65 Jahre im Dienste der Sicherheit – quo vadis, Präventionsarbeit?

Shownotes

Es gibt Grund zum Feiern: Das KFV hat einen halbrunden Geburtstag – 65 Jahre im Dienste der Sicherheit! Gestern – heute – morgen: Im Mittelpunkt steht stets der Mensch. Zu Gast im Studio ist KFV-Direktor Mag. Christian Schimanofsky. Gemeinsam mit den Podcast-Hosts Sabine und Christian begibt er sich auf Zeitreise zurück in die 50er Jahre, lässt die Meilensteine der nachfolgenden Jahrzehnte in Sachen Sicherheit Revue passieren und berichtet von Highlights und Herausforderungen des neuen Millenniums. Welche KFV-Themen wohl die Zukunft aufs Tapet bringen wird? Hören Sie rein und feiern Sie mit!

Mehr Info unter https://www.kfv.at

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Jubelnde Menge: Happy Birthday!

Sabine Kaulich: Ein Grund zum Feiern.

Christian Kräutler: Ja, wir haben nämlich Geburtstag.

Sabine Kaulich: 65 Jahre KFV.

Christian Kräutler: Du, da steckt aber ganz schön viel Erfahrung drin, oder?

Sabine Kaulich: Ja, das empfinde ich auch.

Christian Kräutler: Du wann und wo steigt denn eigentlich die Party?

Sabine Kaulich: Ja, die Party steigt immer und überall, würde ich sagen. In ganz Österreich feiern wir tagtäglich das Leben, das Überleben. Tausende Unfälle konnten durch gesetzliche Sicherheitsmaßnahmen und wirkungsvolle Bewusstseinsbildung verhindert werden.

Christian Kräutler: Ja und, dass so viele Unfälle verhindert werden konnten, dazu hat wohl auch das KFV ein Scherflein beigetragen.

Sabine Kaulich: Ja natürlich, denn in unserer Arbeit dreht sich ja alles, also wirklich alles um das Thema Sicherheit. Und in den ersten KFV-Jahrzehnten ging es ausschließlich um das Thema Sicherheit im Straßenverkehr. Doch daraus wurde noch viel, viel mehr.

Christian Kräutler: Ja, also, begeben wir uns doch auf eine Zeitreise zurück der letzten 65 Jahre. Nach diesem Rückblick schauen wir ein bisschen auch in die Zukunft. Dazu, Sabine, haben wir heute einen ganz besonderen Gast eingeladen. Bleiben Sie also dran.

Catharina Ballan: Sicher ist sicher. Der Vordenker*innen Podcast des KFV. Episode 14, Happy Birthday KFV, 65 Jahre im Dienste der Sicherheit. Quo vadis Präventionsarbeit.

Sabine Kaulich: Heute feiern wir also das KFV, das seit stolzen 65 Jahren eine österreichische Institution in Sachen Sicherheit ist und am 24. April 2024 seinen halbrunden Geburtstag feiert. Feiern Sie mit uns, von den Anfängen bis zu neuen Horizonten. Was haben wir schon erreicht? Was sind unsere Ziele für die Zukunft? Was treibt uns an? Mein Name ist Sabine Kaulich.

Christian Kräutler: Ja, gemeinsam mit unserem heutigen Gast werden wir die letzten 65 Jahre jetzt Revue passieren lassen und das Ganze in einem Schnelldurchlauf. Wir machen dann noch einen kurzen Blick voraus, wohin geht also die Sicherheit generell und wohin gehen wir als KFV. Mein Name ist Christian Kräutler. Sehr schön, dass Sie mit dabei sind. Ja, wenn man so ein schönes Alter erreicht hat, so wie das KFV, dann hat man vieles miterlebt. Da waren ja ganz viele Dinge. Ich rede jetzt nur vom Elvis zum Beispiel, von den Beatles, von der Mondladung, all das haben wir miterlebt. Aber noch viel wichtiger ist, das KFV hat nämlich dazu beigetragen, dass sehr viele Menschen in Österreich überlebt haben. Dank intensiver Bewusstseinsbildung und der Mitentwicklung von ganz, ganz vielen Maßnahmen, die dazu geführt haben, konnten nachweislich tausende Menschenleben auf Österreichs Straßen gerettet werden.

Sabine Kaulich: Doch das KFV ist noch viel mehr. Seit den späten 1980er Jahren forscht, entwickelt, fordert und informiert es auch neben dem Bereich Verkehr, in den Bereichen Haushalt, Freizeit und Sport. Ja, und im neuen Jahrtausend kam dann auch noch der Bereich Eigentumsschutz dazu. Was verstehen wir darunter? Das ist der Schutz von Naturgefahren, Kriminalität und Brand. Also alle wichtigen Sicherheitsthemen des täglichen Lebens sind jetzt unter einem Dach vereint. Wir sind Sicherheit, so könnte man es wohl formulieren, oder Herr Direktor? Zu Gast im Studio ist heute unser KFV-Direktor, Mag. Christian Schimanofsky. Herzlich willkommen.

Christian Schimanofsky: Hallo, guten Tag und vielen herzlichen Dank für die Einladung zu dieser Aufnahme. Wir sind Sicherheit, ja damit ist unsere Mission wohl perfekt auf den Punkt gebracht.

Christian Kräutler: Ja Herr Direktor, wir beide waren ja noch lange nicht auf der Welt, dass das KFV begonnen hat zu arbeiten. Trotzdem weiß ich, dass Sie uns ein bisschen was erzählen können über eine Zeit, die bereits vor unserer Zeit gelegen ist. Wie war es denn so zu Beginn, also Ende der 50er Jahre, als die KFV-Geburtsstunde schlug?

Christian Schimanofsky: Ja, wenn wir einen Blick in unser KFV-Archiv werfen, dann sehen wir die Aufbruchsstimmung der späten 50 Jahre sehr plastisch und drastisch. Es war damals höchste Zeit für mehr Sicherheit auf Österreichs Straßen, dazu ein paar Zahlen vielleicht gleich mal vorweg. Es gab damals 2000 Tote und 68.000 Verletzte, allein im Straßenverkehr, in jedem Jahr, im Geburtsjahr des KFV 1959. Das war natürlich gesamt betrachtet eine menschliche, gesellschaftliche und wirtschaftliche Katastrophe. 2000 Todesopfer. Man muss sich das vergegenwärtigen bei einem Kraftfahrzeugbestand der ein Fünftel des heutigen Bestandes war, nur 20 Prozent des heutigen Bestandes, aber wir hatten fünf Mal so viele Tote, wie wir es heute haben und genau um diese Unfallzahlen zu senken gründeten damals die größten österreichischen Versicherungsgesellschaften gemeinsam mit dem ÖAMTC am 24. April 1959 einen unabhängigen Verein für wissenschaftliche Forschung und österreichweite Präventionsarbeit, eben das Kuratorium für Verkehrssicherheit.

Sabine Kaulich: Ja und wir haben ja dann einen echten Katapultstart hingelegt, kann man sagen.

Christian Schimanofsky: Ja genau, sofort zu Beginn haben wir, wie wir es auch jetzt noch oft tun, schnell reagiert und schnell agiert, denn bereits ein Monat nach der Gründung genau am 22. Mai 1959 fand mit dem Tag der Verkehrssicherheit schon die erste österreichweite Aktion statt.

Christian Kräutler: Ja, also wir haben gar keine Zeit verloren, sofort gehandelt und das ist ja gleich so weitergegangen, das KFV hat ja in ganz vielen Bereichen dann weiterhin Pionierarbeit geleistet.

Christian Schimanofsky: Das stimmt, wir waren wissenschaftlicher Vorreiter in der Verkehrs- und Fahrzeugtechnik, in der Verkehrspsychologie und besonders wichtig auch in der Verkehrserziehung. Unfallanalysen, Erforschung und Entwicklung probater Maßnahmen. All das gab es in dieser Form vorher noch gar nicht. Und das KFV hat sich daher als echte Fachinstitution für Unfallprävention etabliert.

Sabine Kaulich: Und in den 70er Jahren gab es dann ja schon die ersten messbaren Erfolge zu verzeichnen.

Christian Schimanofsky: Das ist auch richtig. Die Trendumkehr war so ab dem Jahr 1973 zu verzeichnen. Da war es erstmalig gelungen, die steigenden Verkehrszahlen von den Unfallzahlen zu entkoppeln. Der Kfz-Bestand nahm zwar weiterhin kontinuierlich zu, aber die Unfälle gingen ab 1973 zurück. Das war für die damalige Zeit eine echte Sensation.

Christian Kräutler: Und da haben ja wirklich ganz, ganz viele Maßnahmen dann letztendlich zusammengewirkt. Das war damals so ein großer Synergieeffekt aus verschiedensten Sicherheitsmaßnahmen, einerseits natürlich die Gesetzgebung, die da geholfen hat, dann natürlich die Fahrzeugtechnik, die Fahrzeuge sind immer besser geworden, die Infrastruktur wurde überarbeitet und sicherer gestaltet und dann natürlich die intensive Bewusstseinsbildung, die dazu geführt hat, dass wir diese Ziele erreichen konnten.

Christian Schimanofsky: Ganz genau und wohlgemerkt, und was mir auch besonders wichtig ist, das KFV war immer schon ein Teamplayer, denn alleine kann man diese Errungenschaft nicht erreichen und die Zusammenarbeit mit so wichtigen Partnern wie den Autofahrerclubs, der Exekutive, den anderen Blaulichtorganisationen dem Bundesheer, Ministerien, Sozialpartnern, Landesregierungen, Gemeinden, Schulen, Fahrschulen, Gesundheitsinstitutionen, Medien und vielen anderen Unternehmen ist besonders wichtig und hat Früchte getragen und das ist das Schöne auch an dieser Arbeit und an dieser Stelle gleich auch mal ein großes Dankeschön an alle unsere Partner, die uns in den letzten Jahrzehnten so erfolgreich unterstützt haben.

Sabine Kaulich: Apropos Dank am Partner. Das KFV hat ja Anfang der 70er Jahre eine ganz besondere Auszeichnung ins Leben gerufen, nämlich eine Auszeichnung für vorbildliche Leistungen in Sachen Verkehrssicherheit.

Christian Schimanofsky: Ganz genau. Im Jahr 1971 hat das KFV zum ersten Mal den Verkehrssicherheitspreis verliehen. Und mit diesem Preis würdigen wir auch heute noch Menschen, die durch ihren persönlichen Einsatz zur Erhöhung der Verkehrssicherheit in Österreich beitragen.

Sabine Kaulich: Herr Direktor, reisen wir jetzt einmal zurück in die 80er Jahre. Was gab es denn da für das KFV zu tun?

Christian Schimanofsky: Auch in den 80er Jahren hat das KFV starke Zeichen gesetzt, nämlich z.B. mit der österreichweiten Aktion „Minus 10 Prozent“. Diese legendäre Aktion hat sich zum Ziel gesetzt, die Zahl der Verkehrstoten und der Verletzten auf Österreichs Straßen pro Jahr immer um 10 Prozent zu senken. Das war damals die größte Sicherheitsaktion, die es je in Österreich gegeben hat und die durch das KFV gestartet wurde. Wir haben da sehr viel zusammengearbeitet, natürlich auch wieder mit Exekutive, mit dem Bundesheer, mit Gemeinden, Schulen und Unternehmen, um hier auf einer breiten Basis dieses gemeinsame Ziel zu verfolgen.

Christian Kräutler: Das war aber damals wirklich eine tatsächlich super Sache. Kann mich da noch ganz genau an den Fernsehspot erinnern, weil wir den später mal angeschaut haben. Ein ganzes Dorf stirbt pro Jahr auf Österreichs Straßen. Und all diese Menschen, die könnten eigentlich gerettet werden, da sind sie dann alle in diesem Spot. Die Kinder, die alten Menschen, der Bäcker, der Briefträger, aber auch die Lehrerin, die liegen da regungslos auf der Straße und wurden dann aus der Luft heraus nach unten gefilmt. Und was ich mich ganz genau noch erinnern kann, die Räder der herumliegenden Fahrradln, die haben sich noch gedreht. Also man sieht quasi, wie nahe das ist, wie life das ist. Und wenn ich daran denke, dann habe ich heute eigentlich noch eine Gänsehaut.

Sabine Kaulich: Ja, in den 80er Jahren hat dieser Spot wirklich viel Aufsehen erregt. Damals gab es noch nicht so viele Fernsehsender und da zeigte die Aktion besonders große Wirkung. Apropos super, in den 80er Jahren haben wir auch ein eigenes Maskottchen als neuen Mitarbeiter dazu bekommen.

Christian Schimanofsky: Ja, ganz genau. Helmi kam zur Welt. Unser kleiner rot-weiß-roter Sicherheitsexperte wurde geboren und ist seit 1980 im Fernsehen zu bewundern. Mittlerweile natürlich auch auf vielen anderen Schauplätzen unterstützt uns Helmi mit wichtigen Sicherheitstipps in allen Bereichen, besonders für Kinder und Jugendliche natürlich.

Christian Kräutler: Ja und da kann man auf jeden Fall bis heute auch sagen, Helmi, der hat Kultstatus erreicht.

Sabine Kaulich: Ja absolut. Wir kennt denn nicht den Slogan Augen auf Ohren auf, Helmi ist da, ich glaube den kennen wir alle. Kommen wir zurück zu den Meilensteinen des KFVs, die uns besonders am Herzen legen. Ab 1986 wird das KFV auf einer anderen Bühne aktiv, nämlich auf einer politischen.

Christian Schimanofsky: Ja das ist richtig. 1986 trat das KFV mit dem ersten 10-Punkte-Verkehrssicherheitsprogramm an die Bundesregierung heran auch das ein Novum zum ersten Mal, so ein Programm vorzulegen, mit ganz konkreten Maßnahmen vorzuschlagen, wie man die Verkehrssicherheit erhöhen kann.

Christian Kräutler: Ja, und aus diesem Zehn-Punkte-Programm sind mehrere Verkehrssicherheitsprogramme geworden und letztendlich, seit ein paar Jahren, haben wir sogar eine Verkehrssicherheitsstrategie. Diese Verkehrssicherheitsprogramme gibt es mittlerweile in allen Bundesländern. Organisationen wie die Asfinag und die ÖBB haben Verkehrssicherheitsprogramme und das Ganze bedeutet, und das ist glaube ich das besonders Wichtige, ein Commitment aller Akteure und auch der Politik, dass wir die selbstgesteckten Ziele zusammen und gemeinsam in Angriff nehmen. Die Öffentlichkeit kann da mitbeobachten, was passiert, und natürlich mitmachen. Und alles ist ganz einfach transparent, indem diese Konzepte veröffentlicht wurden dann auch. Ja, und seit 1987 kümmern wir uns ja nicht nur um die Verkehrssicherheit, sondern auch um den Bereich Sicherheit im Haushalt, Freizeit und Sport.

Christian Schimanofsky: So ist es 1987 wurde das KFV-Institut Sicherleben gegründet zur Erforschung und Verhütung von Heim-, Freizeit- und Sportunfällen. Wichtige Basis für diese Präventionsarbeit ist die IDB, die sogenannte Injury Database, also die Unfalldatenbank, die Daten zum Unfallgeschehen zu Hause bei Freizeitaktivitäten und beim Sport liefert, unter anderem auch durch Kooperation mit Spitälern. Dadurch war schon die Basis gelegt für eine umfassende Präventionsarbeit, die das KFV heute leistet und bei der das KFV mit vollem Engagement dabei ist.

Sabine Kaulich: Ja, stimmt. Aber die Entwicklung des KFV war zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen. In den 90er Jahren gab es dann wieder einige große Neuerungen im KFV.

Christian Schimanofsky: Ja, genau. Die größte Neuerung in den 90er Jahren war 1992 die Gründung der KFV-Sicherheitsservice GmbH zur Durchführung von Dienstleistungen. Was kann man sich darunter vorstellen? Die Service-GmbH bietet seit damals Nachschulungen, verkehrspsychologische Untersuchungen und verkehrstechnische Gutachten an und 1999 wurde mit dem Institut für Technische Sicherheit ein weiterer zentraler Aufgabenbereich des KFV geschaffen. Unter dem Motto, „Gurt sei Dank“, wird an die Gurtmoral der Österreicherinnen und Österreicher appelliert. Und nicht zuletzt dank dieser starken Bewusstseinsbildung in Sachen Kindersitz und Gurt wurden danach pro Jahr immer mehrere hundert Menschenleben gerettet.

Christian Kräutler: Und ein ganz besonderer Meilenstein in der Verkehrssicherheitsarbeit war ganz sicherlich Anfang 1998, da wurden nämlich besondere Maßnahmen realisiert.

Christian Schimanofsky: Ja, die Senkung des Alkohollimits von 0,8 auf 0,5 Promille im Jänner 1998 war eine lang ersehnte Maßnahme, ein lang ersehntes Ziel des KFV, das damals endlich in Erfüllung gehen konnte. Endlich war auch in Österreich die Zeit reif für eine Zeitenwende. Heiße politische Diskussionen gab es damals, Proteste der Gastronomie, sogar anonyme Drohbriefe. Es war insgesamt eine sehr angespannte Situation rund um diese Maßnahme und starker Gegenwind musste damals überwunden werden, um diese letztendlich doch noch in Kraft setzen zu können.

Sabine Kaulich: Ja, ich kann mich erinnern, die Stimmung in Österreich war damals ziemlich aufgeheizt. Aber umso größer war dann unsere Erleichterung, als dann endlich diese wichtige gesetzliche Neuerung Wirklichkeit wurde.

Christian Kräutler: Ja und Sabine, Österreich war ja da längst überfällig. Also wir hätten da schon früher was tun können, so wie andere Länder auch. Die waren teilweise schon bei 0,5 oder eben sogar bei 0,0 Promille zu dieser Zeit. Und der Trend ging europaweit eindeutig in diese Richtung mehr Sicherheit. Ja, bei uns hat es halt leider einen unerfreulichen Anstoß gebraucht, Herr Direktor, dass wir da nachziehen.

Christian Schimanofsky: Ja, leider hat es damals einen schweren Alkoholunfall gebraucht, der offensichtlich dann das Fass zum Überlaufen brachte und sehr drastisch leider vor Augen geführt hat, mit welchen Konsequenzen man bei schweren Alkoholunfällen auch rechnen muss. Und ja, das war ein Unfall eines alkoholisierten Lenkers, mit drei völlig unschuldig zu Tode gekommenen Schülern. Das waren drei Burschen aus einer jungen Sportmannschaft aus Niederösterreich und danach war offensichtlich das Feld soweit aufbereitet, dass auch die Politik in Österreich endlich grünes Licht für die 0,5 Promille geben konnte. Spät, aber doch und wichtig ist, dass es erreicht wurde. Im dritten Anlauf, innerhalb von drei Jahren, hat es damals geklappt. Und heute ist diese Maßnahme gar nicht mehr wegzudenken und mittlerweile überhaupt keine Diskussion mehr, dass diese Promille-Grenze eine gute Maßnahme gewesen ist, um die Verkehrssicherheit in Österreich zu erhöhen.

Christian Kräutler: Es ist eigenartig, dass leider oft einmal Katastrophen zuerst passieren müssen, dass es zu einem Umdenken kommt.

Christian Schimanofsky: Ja, das stimmt leider wirklich so. Wie etwa auch der Unfalltod einer jungen Salzburgerin, die vor vier Jahren, im April 2020 durch das leichtsinnige Verhalten eines rücksichtslosen Rasers ums Leben kam. Auch dieser tragische Unfall hat die gesetzliche Umsetzung des sogenannten Raserpaketes bewirkt und weitere Maßnahmen hier auf den Weg gebracht.

Sabine Kaulich: Ja, es ist sehr traurig, dass man mal Maßnahmen für viele Menschen zu spät kommen. Reisen wir jetzt nochmal zurück in die 90er Jahre. 1999 war ja das Geburtsjahr vom L17, einer wirklich wertvollen und tausendfach lebensrettenden Maßnahme, die heuer übrigens auch ihren 25. Geburtstag feiert. Ja und weil wir von dieser Maßnahme so wirklich überzeugt sind, haben wir sogar unsere erste Podcast-Folge genau diesem Thema L17 gewidmet.

Christian Schimanofsky: Ja das ist schön, dass es auch dazu einen halbrunden oder fast runden Anlass gibt und L17 war wirklich eine der wichtigsten Maßnahmen in den letzten Jahrzehnten und das zeigen ganz deutlich auch die überproportional rückgängigen Unfallzahlen der jungen Pkw-Lenkerinnen und Lenker.

Sabine Kaulich: Kommen wir jetzt von den Jugendlichen zu den Kindern, ein fruchtiges Feedback, und zwar Süßes oder Saures, haben wir den Pkw-Lenkenden in den 90er Jahren zum ersten Mal ausgeteilt.

Christian Schimanofsky: Ja, auch eine sehr gute Aktion, nämlich die Aktion Apfel-Zitrone zählt zu den besten und wohl auch bekanntesten Sicherheitsaktionen der letzten Jahrzehnte. Warum? Weil ihre Wirkung so stark ist. Weil das Feedback, nämlich der süße Apfel, kommt für ein angepasstes Fahrverhalten, die saure Zitrone für zu schnell Fahrende, direkt von den Kindern kommt und dadurch eine sehr starke, direkte Betroffenheit, auch der Autolenkenden, gegeben ist.

Sabine Kaulich: Das ist wirklich eine ganz super Aktion, die bis heute in ganz Österreich läuft und das muss ich wirklich erwähnen, in perfekter Zusammenarbeit mit Volksschulen und Exekutive. Also ich hier nochmal ein großes Danke an diese Personen.

Christian Kräutler: Ja und in den 90er Jahren, da kamen dann eine zusätzliche Ablenkungsmöglichkeit in unsere Autos, nämlich die Handys. Und ganz, ganz viele und immer mehr haben letztendlich davon Gebrauch gemacht. Es ging dann so weit, dass 1999 der Gesetzgeber gesagt hat, Handy weg vom Steuer.

Christian Schimanofsky: Ja genau, das Handyverbot am Steuer war eine ganz wichtige Maßnahme. Man musste sich überlegen, wie man die Handynutzung im Auto in den Griff bekommt und wie das mit einer gesetzlichen Vorschrift, nämlich der Nutzung einer Freisprecheinrichtung gelingen kann. De facto, wenn man sich die Situation heute ansieht, ist die Situation aber immer noch nicht ganz gelöst und zumindest nicht ganz zufriedenstellend gelöst. Weil immer noch viel zu viele Menschen Textnachrichten, WhatsApp Nachrichten andere Social Media Nachrichten lesen, tippen, texten während der Fahrt. Und das sind nach wie vor hoch riskante Unfallursachen auch. Das Thema Ablenkung zum Beispiel ist einer der beiden Spitzenreiter bei den Hauptunfallursachen in Österreich. Das heißt, hier müssen wir auch immer am Puls der Zeit bleiben, immer dranbleiben und schauen, wie wir neue Strategien entwickeln, um das Bewusstsein der Menschen auch diese Handys zu benutzen und damit richtig umzugehen, richtig erreichen kann.

Sabine Kaulich: Genau, gut, dass Sie das ansprechen. Ein Beispiel dafür, was wir da machen, ist, dass wir Risikoworkshops an Schulen anbieten, also, die kann man über die KFV-Aktionenwebsite buchen. Und etwa auch die neue KFV Safety Box, das ist so eine 270° Videoanimation mit der wir jetzt ab 2024 durch die Bundesländer touren. Und hier können dann die Testpersonen selbst mal ausprobieren, dass man bei Handynutzung im Straßenverkehr ganz leicht einmal was übersieht.

Christian Schimanofsky: Ganz genau, und das halte ich für besonders wichtig, dass es eben so kreative Ideen gibt und so kreative Möglichkeiten gibt, das den Menschen auch näher zu bringen und um Wach zu Rütteln. Nämlich um dieses Bewusstsein zu schaffen und um letztendlich mehr Sicherheit zu realisieren, dazu ist jede kreative Maßnahme recht, die die Menschen am besten erreichen kann.

Christian Kräutler: Reisen wir noch ein Stück weiter, Herr Direktor. Welche Ziele hatten wir denn so in den ersten Jahren des neuen Millenniums? Welche Highlights der Sicherheitsarbeit können wir da nennen?

Christian Schimanofsky: Wir sind natürlich mit sehr ehrgeizigen Zielen ins neue Jahrtausend gestartet. Wir haben uns etwa mit einem ambitionierten Verkehrssicherheitsprogramm eine weitere Senkung der Unfallzahlen vorgenommen. Und im Fokus stand dabei etwa das Vormerksystem und die Verbesserung der Fahrausbildung. Erwähnen möchte ich zum Beispiel das 2003, die so wichtige Maßnahme der Mehrphasenfahrausbildung verwirklicht wurde, die dazu beiträgt, dass die Ausbildung bei den Junglenkerinnen, Junglenkern noch besser wird, noch zielgerichteter wird und über einen längeren Zeitraum hinweg läuft, um dann schon möglichst früh viele Erfahrungen sammeln zu können.

Christian Kräutler: Ja und wir waren ja nicht nur im Verkehrsbereich fleißig, auch im Freizeit- und Sportbereich hat sich ja im puncto Prävention so einiges getan.

Christian Schimanofsky: Ja das ist auch richtig, Gott sei Dank ist das so. Und wir haben etwa auch im Bereich des Wintersports einige Regeln mitentwickelt. So haben wir neue Rodelregeln mitentwickelt. Wir haben zehn Regeln zur Erhöhung der Sicherheit beim Rodeln entwickelt. Warum? Weil das Roden eine Freizeitsportart darstellt mit sehr stark unterschätzten Risiken. Und wir haben eine weitere Sportart, wir haben die erste Schwimmstudie Österreichs durchgeführt, konstatiert, dass es sehr hohe Nichtschwimmerzahlen immer noch gibt und darauf gedrängt, dass Schwimmkurse gesetzlich verankert werden sollten. Jeder Mensch in Österreich muss schwimmen können und vor allem er muss die Möglichkeit haben, Schwimmkurse besuchen zu können.

Sabine Kaulich: Und ganz ein wichtiger Impuls für neue Ideen und Inspirationen in Sachen Sicherheit ist der KFV-Forschungspreis. Und seit 2013 werden da die besten und innovativsten Ideen in allen KFV-Themenbereichen, also praktisch in allen Bereichen des täglichen Lebens, prämiert.

Christian Schimanofsky: Ganz genau. Der KFV-Forschungspreis ist in der Tat Anreiz und Antrieb für die glücksten Köpfe des Landes ihre Ideen für mehr Sicherheit in allen Lebensbereichen wirklich werden zu lassen. Das ist ein wunderbares und wirklich von Pioniergeist getragenes Projekt, mit dem wir neue Wege gehen können. Und sehr viele geniale Ideen wurden uns da schon zum Wohle der Allgemeinen vorgestellt und haben das Licht der Welt erblickt und wurden sogar in der Praxis umgesetzt.

Christian Kräutler: Ja, also ich bin immer wieder begeistert, wenn ich mir diese Ideen anschaue, wie kreativ denn die österreichische Bevölkerung ist, wenn es darum geht, Sicherheitsmaßnahmen zu entwickeln und vielleicht dann teilweise sogar umzusetzen. Ja und Herr Direktor, was vielleicht für unser Podcastpublikum ja auch interessant ist, ist so ein bisschen die Frage, wer sind wir denn eigentlich, das KFV? Oder umgekehrt gefragt, wie setzt sich unser aktuelles KFV-Team denn so zusammen?

Christian Schimanofsky: Wir sind ein Team aus Profis vieler Disziplinen. Es gibt Juristinnen und Juristen, Datenspezialisten, Mathematiker, Verkehrstechniker*innen, Psychologen, Psychologinnen, Sportwissenschaftler, Marketing- und PR-Profis, also eine große Bandbreite an Expertise ist hier vorhanden. Und diese umfassende Vielfalt, dieses fundierte Know-how und vor allem dieses interdisziplinäre Arbeiten macht unsere Expertise und unser Wissen und unser Know-how so stark. Und man merkt die Freude an der Sache, die Überzeugung vom Sinn unseres Tuns, weil die Rettung vom Menschenleben ist schlichtweg die Motivation, die alle Mitarbeitenden im KFV ihr ganzes Berufsleben lang begleitet und auch noch darüber hinaus. Erlaubt mir eine persönliche Anmerkung an dieser Stelle. Es bereitet mir persönlich eine riesige Freude, tagtäglich mit so vielen motivierten Expertinnen und Experten zusammenzuarbeiten und das gemeinsame Ziel zu verfolgen, nämlich die Sicherheit für die Menschen in Österreich dadurch zu erhöhen.

Sabine Kaulich: Na, da sag ich Dankeschön. Herr Direktor, welche Themen liegen Ihnen denn aktuell besonders am Herzen?

Christian Schimanofsky: Besonders wichtig ist mir die Kindersicherheit und zwar in allen Lebensbereichen, im Straßenverkehr genauso wie zu Hause, wie im Bereich des Sports, im Freizeit- und Haushalt, weil Kinder haben ein Recht auf Sicherheit und Kinder haben immer ein Recht auf Sicherheit und man kann nie genug Maßnahmen entwickeln, um das Leben für Kinder sicherer zu machen. Ein weiteres Herzensthema ist für mich die sichere Mobilität der Zukunft, die Sicherheit der neuen Junggenerationen am Steuer und hier der Fokus besonders bei der Fahrausbildung. Hier müssen wir schauen, dass wir hier immer genau quasi up to date sind und auch bei den Ausbildungen der jungen Lenkenden direkt die Maßnahmen ergreifen und umsetzen, die hier zielgerichtet sind.

Christian Kräutler: Ja und Cybercrime ist ja auch so ein Thema, das gerade ganz groß aktuell ist. Warum ist denn das so, Herr Direktor?

Christian Schimanofsky: Ja, Internetkriminalität ist für uns ein ganz starkes Präventionsthema geworden. Diebstahl, Heiratsschwindel, alle anderen Verbrechen auch im Eigentumsbereich finden heute großteils schon digital statt. Doch wer informiert ist, wird nicht so leicht Opfer von Internetbetrug. Wissen schützt hier und Wissen ist wie in vielen anderen Bereichen die beste Präventionsmaßnahme. Forschung und Bewusstseinsbildung in puncto Cybercrime gehören daher zu unseren aktuellen und künftigen Kernaufgaben angesiedelt in unserem 2018 gegründeten Fachbereich Eigentumsschutz. Dort steht zum Beispiel auch die Sicherheit beim Drohnenfliegen im Fokus der Forschung, der Brandschutz, die Untersuchung von Rauchwahnmeldungen bis hin zur Waldbrandprävention und vieles mehr. All das zeigt, wie breit wir den Präventionsansatz im KFV verstehen und auch mit Leben erfüllen wollen.

Sabine Kaulich: Ja, also wie Sie so schön gesagt haben, dass KFV wirklich eine ganz große Themenvielfalt zu bieten. Und wenn man so drüber redet, dann wird einem wirklich bewusst, welche künftigen Themenschwerpunkte, Herr Direktor, sehen Sie denn so auf unserer To-do-Liste?

Christian Schimanofsky: Das Spektrum der Zukunftsthemen, mit denen wir uns beschäftigen, ist natürlich sehr groß. Einerseits stellen uns technologische Entwicklungen vor neue Herausforderungen. Andererseits drohen archaische Gefahren wie Extremwetterlagen, die bedingt durch den Klimawandel etwa, immer häufiger und heftiger werden. Wir müssen uns überlegen, wie können wir uns, unsere Familie, unser Eigentum vor Naturgefahren schützen. Und in all diesen Bereichen wollen wir weiter forschen und aktiv sein, um ganz rechtzeitig und frühzeitig auf diese Bedrohungen reagieren zu können.

Christian Kräutler: Also man sieht, da gibt es ganz, ganz viele Bereiche, wo wir da aktiv werden in den nächsten Jahren. Aber was wollen wir als KFV so damit generell erreichen? Was ist so Ihre Vision, Herr Direktor?

Christian Schimanofsky: Ja, meine und ich glaube auch unsere gemeinsame Vision im KFV ist ganz klar, Österreich soll weiterhin zu den sichersten Ländern der Welt gehören. Und drei Aufgaben werden daher für uns auch in der Zukunft bestimmen sein. Das ist einerseits die sichere Mobilität der Bevölkerung, das ist der Schutz des persönlichen Eigentums und die Möglichkeit, gesund den Alltag zu bewältigen. Und das Beste an dieser Sicherheitsarbeit ist ja, sie macht Sinn. Sie macht unmittelbar Sinn, sie rettet Leben. Und wir werden auch weiterhin, auch wenn es sein muss, gegen Windmühlen kämpfen und nicht müde werden hier die richtigen und wichtigen Maßnahmen zu propagieren. Denn Leib und Leben sind und bleiben die höchsten aller Werte und die gilt es so gut wie möglich zu schützen.

Christian Kräutler: Eine Frage hätte ich da noch, Herr Direktor. Wie stellen Sie sich persönlich den 100. Geburtstag des KFV vor? Der wird ja dann, soll im Jahr 2059 sein.

Christian Schimanofsky: Ja, also erstens würde ich mich darauf freuen, auch da direkt persönlich noch anwesend sein zu können bei diesem Geburtstag und ich glaube, dass sich bis dahin das autonome Fahren wahrscheinlich durchgesetzt haben wird. Die Fahrenden werden in vollautomatisierten Fahrzeugen unterwegs sein, sie werden flexibel, multimodal, mit den optimierten Sharing-Konzepten unterwegs sein und der klassische private Pkw, wie wir ihn heute kennen, wird dann wohl eher retro und überflüssig sein. Das bedingt aber auch, dass der Raum, in dem wir uns bewegen, der Straßenraum, wiederum viel mehr Freiraum geben wird. Es wird mehr Ruhe, mehr Sicherheit geben. Das heißt, auch die Räume, in denen wir uns bewegen, werden sich verändert haben. Und viele Gäste aus der ganzen Welt werden bei dieser Geburtstagsfeier vielleicht mit uns an einem virtuellen Tisch sitzen, um einen Rückblick zu machen und einen Ausblick in die Zukunft, die ja dann noch weitergeht. Persönlich würde ich mir auch wünschen, dass wir dann konstatieren können, dass kein Kind mehr im Straßenverkehr sterben muss und dass sich dieser Herzenswunsch bis dahin und hoffentlich vielleicht schon früher erfüllt haben wird. Daran müssen wir jetzt schon beginnen mit aller Kraft zu arbeiten und das tun wir auf jeden Fall auch.

Sabine Kaulich: Dran bleiben, so lautet also die Devise. In diesem Sinne, bleiben auch Sie dran, liebe Hörer und Hörerinnen, dran an unserem Podcast und dran am Thema Sicherheit. Vielen lieben Dank, Herr Direktor, für Ihren Besuch bei uns im Studio.

Christian Schimanofsky: Sehr gerne. Ich danke auch. Ich danke für die Einladung. Es war mir wirklich eine Freude, zu diesem wichtigen Anlass, hier im KFV Podcast Studio zu Gast zu sein.

Christian Kräutler: Ja und unserem Podcastpublikum ein herzliches Dankeschön fürs dranbleiben. Wenn Sie mehr über die Geschichte des KFV und seine Sicherheitsarbeit erfahren wollen, schauen Sie doch auf unsere Website www.kfv.at.

Sabine Kaulich: Bis zum nächsten Mal bei Sicher ist sicher im Mai. Da wird sich dann alles rund ums Rad drehen. Um das Frühlingsthema Fahrrad mit allen wissenswerten Infos und News.

Catharina Ballan: Sie hörten Sabine Kaulich und Christian Kräutler, zwei erfahrene Präventionsfachleute des Kuratoriums für Verkehrssicherheit. Zu Gast im Podcaststudio war Magister Christian Schimanofsky, Hauptgeschäftsführer des Kuratoriums für Verkehrssicherheit. Mehr Infos zum Thema dieser KFV Podcast-Episode und zu vielen weiteren wichtigen Sicherheitsthemen finden Sie auf unserer Website kfv.at. Alle KFV Podcast-Folgen sind unter kfv.at/podcast abrufbar. Abonnieren Sie Sicher ist sicher auf Spotify, Apple und Google Podcasts sowie auf allen gängigen Podcatcherplattformen und empfehlen Sie unseren Podcast weiter. Danke fürs Zuhören und bis zum nächsten Mal bei Sicher ist sicher, dem Vordenker*innenpodcasts des KFV.

Kommentare (1)

Sissy

Herzlichste Gratulation zum Geburtstag und Ad multos annos.... Super Episode

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